Stellungnahme zur Bombendrohung zum Ramadanfest

Islamische Gemeinde:

DANKE MARBURG!

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
As-Salamu aleikum – Der Friede sei mit Ihnen allen.

Wir hatten einen wunderschönen Ramadan, in dem wir 29 Tage fasten durften: kein Essen, kein Trinken, aber auch: kein Streit, keine Negativität. Ziel war die Reflektion über unser Hier und Jetzt, die Aussicht auf stete Verbesserung in der Zukunft und das Erreichen innerer Ruhe. Die Krönung sollte das Eid al-Fitr („Zuckerfest“) am letzten Freitag sein. Wie in den Jahren zuvor wollten wir es mit über 2000 Musliminnen und Muslimen aus Marburg und Umgebung im schönen Georg-Gassmann-Stadion bzw. der angrenzenden Sporthalle feiern. Wir hatten schon mit den Vorbereitungen für das Gebet und die Feier begonnen, als uns kurz vor dem Gebet mitgeteilt wurde, dass wir wegen einer Bombendrohung das Gelände wieder verlassen sollten.

Im ersten Moment waren wir schockiert und voller Angst. Was war los?

Dann folgten Ernüchterung, Enttäuschung und Trauer. Bombendrohung,…. in Marburg? Wir wollten doch nur das Ende des Ramadans feiern?!

Und dann kam eine Welle der Solidarität und der öffentlichen Bekundung von Freundschaft und Zusammenhalt. Wie viele Menschen standen uns bei und kamen zu uns, um ihre aufrichtige Verbundenheit auszudrücken. Wir haben sehr klar wahrgenommen: zwischen uns und der Stadtgesellschaft passt kein Blatt Papier. Und: Radikalismus und Gewalt haben keinen Platz in unserer Gesellschaft.

„Wer uns bedroht, bedroht das friedvolle Leben aller Menschen in Marburg“, sagte die Bürgermeistern Nadine Bernshausen die sofort zu uns eilte. Noch während des Polizeieinsatzes sicherten uns auch der Oberbürgermeister der Stadt Marburg Dr. Thomas Spies telefonisch aus dem Urlaub, der Landrat Jens Womelsdorf, und vor Ort der Vorsitzende der Marburger CDU Dirk Bamberger und LINKEN-Landtagsabgeordneter Jan Schalauske Ihre Solidarität und Anteilnahme zu. Es erreichten uns zahlreiche E-Mail, Anrufe und Nachrichten in den sozialen Medien, die uns Mut und Kraft zusprachen, und sich für die Situation schämten.

Natürlich sind auch die Vertreter der Religionsgemeinschaften zu erwähnen, die uns vor Ort am Stadion oder beim verschobenen Fest am Nachmittag vor der Moschee besuchten und Ihre Solidarität zusicherten.

Wir sind eine Gemeinschaft, eine Stadtfamilie – mit all unseren Unterschieden, unseren Ecken und Kanten. Uns traf die volle „Wucht des Gemeinsamen“ und dafür sind wir aus vollem Herzen dankbar.

Zusammen mit unserem Förderverein möchten wir allen Marburgerinnen und Marburgern daher unseren Dank dafür aussprechen, dass sie uns zur Seite stehen. Unser besonderer Dank gilt dabei den Sicherheitsbehörden und den Einsatzkräften vor Ort und im Hintergrund, die unaufgeregt und professionell unseren Schutz übernommen haben. Auch deshalb fühlen wir uns wohl und sicher in Marburg, weil wir gegenseitig aufeinander aufpassen – und dies ist auch die Botschaft des Ramadans.

Auch möchten wir uns besonders bei unserer Gemeinde und unseren MuslimInnen und Muslimen aus Marburg und dem Kreis bedanken, die vor Ort waren und so vorbildlich, geduldig, besonnen und unaufgeregt die Situation aufgenommen haben und sich ihre Feierlaune nicht haben nehmen lassen!

Auch ganz ausdrücklichen DANK den vielen Helferinnen und Helfern der Gemeinde, die so flexibel und engagiert das Fest am Nachmittag dann doch noch ermöglicht haben!

Liebe Grüße,

Dr. Hamdi Elfarra, Vorsitzender Marburger Muslime e.V. und Projektleiter der Feier
Prof. Dr. Bilal Farouk El-Zayat, Vorsitzender der Islamischen Gemeinde Marburg e.V.
Prof. Dr. Albrecht Fuess, Vorsitzender des Fördervereins für das islamische Kultur- und Bildungszentrum mit Moschee e.V.

Oberbürgermeister der Stadt Marburg:

Liebe Marburger Bürgerinnen und Bürger islamischen Glaubens,

Mit großer Bestürzung habe ich heute Morgen von dem feigen und verabscheuungswürdigen Angriff, Störung und Behinderung des Zuckerfestes am heutigen Vormittag gehört. Es ist unanständig und es ist unverzeihlich, Menschen, Kinder und Alte, Männer und Frauen mit solchen Drohungen in Angst zu versetzen oder gar manchen ein Gefühl von Unerwünschtheit zu geben. Und umso beachtenswerter ist die große Ruhe und Besonnenheit, mit der Ihr, mit der Sie mit dieser Situation umgegangen sind.

Lasst es mich ganz deutlich sagen: Ihr gehört zu uns, Ihr seid ein unverzichtbarer Teil von uns, von unserer Stadt. Ihr seid ein Teil unserer Stadt, der unsere Stadt besser, freundlicher und menschlicher macht. Die Marburger Islamische Gemeinde ist uns ein leuchtendes Beispiel, wenn es darum geht, Weltoffenheit, Großzügigkeit und eine Haltung der offenen Hand, der offenen Tür und des offenen Herzens zu leben. Und gerade die Feste sind der Moment, wo wir in Frieden und Freundschaft zusammenkommen.

Ich bin sehr froh, dass es offenbar „nur“ eine leere Drohung war, auch wenn das schlimm genug ist. Und ich bin zuversichtlich, dass die Polizei mit allem Nachdruck nach den Täter*innen suchen und sie einer gerechten Strafe zuführen wird. Wie armselig muss man sein, um anderen Menschen so feige ein Fest der Freude zu verderben.

Deshalb möchte ich mich bei Euch / Ihnen im Namen aller anständigen Menschen in Marburg dafür entschuldigen, dass das Zuckerfest so gestört wurde, und Euch / Ihnen sagen, wie leid uns das tut. Ich möchte Euch / Ihnen zurufen: wer sich so verhält, der gehört nicht zu uns. Wer nicht versteht, dass gutes Zusammenleben das Wichtigste ist, der ist hier falsch. In unserer Stadt ist kein Platz für Hass und Hetze, in welcher Form auch immer. In unserer Stadt suchen wir Freundschaft und gutes Zusammenleben, Eure und Ihre Freundschaft.

Es freut mich sehr, dass heute Nachmittag trotzdem an der Moschee gefeiert wird. Das ist auch ein gutes und mutiges Zeichen. Das Ordnungsamt wird alles tun, damit das Fest ungestört stattfinden kann. Gerne wäre ich selbst dabei, aber ich befinde mich noch im Ausland, da werde ich es nicht rechtzeitig schaffen. So sind meine Frau und ich im Herzen bei Euch / Ihnen, und wünschen einen schönen, entspannten, gelungenen Nachmittag.

Eid Mubarak!

Dr. Thomas Spies
Oberbürgermeister der Universitätsstadt Marburg